Am Ende zählt der Mensch

Podiumsdiskussion anlässlich der Hamburger Hospizwoche

Hospizliche Haltung in Grenzsituationen, Umgang mit dem assistierten Suizid

Was macht ein Leben in Würde aus – und was bedeutet es, in Würde zu sterben? Welche Bedeutung kommt hier dem Begriff der Freiheit zu? Welchen Stellenwert haben Autonomie und Selbstbestimmung? Und wie können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Hospizes ihre Gäste und deren Angehörige unterstützen, wenn diese sich in einer emotionalen und rechtlichen Ausnahmesituation mit dem Wunsch nach dem Tod konfrontiert sehen?

Seitdem das Bundesverfassungsgericht über den „assistierten Suizid“ urteilte, sind eineinhalb Jahre vergangen. Für nichtig erklärte es den §217 StGB, der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe gestellt hatte. Auch wenn das Gericht ausführte, dass es eine Verpflichtung zur Beihilfe zur Selbsttötung nicht geben darf, so hat das Urteil doch Auswirkungen auf die Hospizarbeit. Es ist davon auszugehen, dass Gäste häufiger den Wunsch nach einer Beihilfe zur Selbsttötung an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hospizes herantragen. Und die Diskussion um einen würdevollen Tod erhielt seit dem Urteil im Februar 2020 neue Facetten.

Anlässlich der Hamburger Hospizwoche haben wir diese Frage und die Antworten, welche wir in unserer Hospizarbeit geben, aus unterschiedlichen Perspektiven in einer Hybridveranstaltung beleuchtet.

Die Aufzeichnung des Impulsvortrags von Dr. Maja Falckenberg sowie die anschließende Podiumsdiskussion sehen Sie hier.

PODIUMSTEILNEHMER­INNEN

Bettina Orlando, Hospizleitung, Hospiz am Israelitischen Krankenhaus

„Wie in unserem Leitbild verankert, bedeutet Hospizarbeit für uns zugewandtes Begleiten von Menschen in der letzten Phase ihres Lebens. Wir sehen Sterben als Teil des Daseins, das weder verkürzt noch künstlich verlängert werden soll. Sowohl die aktive Sterbehilfe als auch der ärztlich assistierte Suizid ist mit diesem Leitbild nicht vereinbar, wohl aber das Sterben lassen, wenn ein Mensch freiwillig auf Essen und Trinken verzichtet, um sein Leiden zu verkürzen. Auch nehmen wir in Kauf, dass Maßnahmen, die dem Lindern des Leidens dienen, unter Umständen das Leben verkürzen. Unser Auftrag am kranken Menschen ist es, sein Leid bestmöglich zu lindern unter Wahrung seiner Autonomie und Menschenwürde.“

Christiane Godau, Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoonkologin und Paartherapeutin

„Aus meiner Sicht gibt es keine allgemeingültige Position. Die Beurteilung bleibt immer eine individuelle Betrachtung – vor dem Hintergrund des Respekts vor dem Leben, aber auch vor dem Hintergrund der individuellen Situation eines Betroffenen sowie in Anbetracht der medizinischen Möglichkeiten, Leiden zu vermeiden oder deutlich zu reduzieren.“

Iris Schuh-Bode, Pastorin, Seelsorgerin

„Der gesetzliche Rahmen in der Frage des assistierten Suizids eröffnet neue Handlungsräume. Selbstbestimmung ist jedoch aus meiner – vor allem christlich geprägten – Sicht, immer relativ, also in Beziehung zu verstehen, zu Gott und zwischen uns Menschen. Das gibt für mich die Richtung vor.“

Dr. Maja Falckenberg

Meine Haltung gegenüber dem Thema spiegelt sich in den Äußerungen des Vorstands der DGP:

„Die Assistenz beim Suizid, also die direkte Hilfe bei der Durchführung, ist grundsätzlich keine ärztliche Aufgabe oder Aufgabe der Hospiz- und Palliativversorgung. Dennoch dürfen wir nicht weghören, wenn Sterbewünsche geäußert werden. Teams und Einrichtungen benötigen zeitnah Konzepte zum Umgang mit Suizidwünschen, auch wenn die Kooperation mit Akteuren der Suizidhilfe von Einzelpersonen, Palliative Care-Teams oder Institutionen abgelehnt werden kann.“

MODERATION

Birga Berndsen, M.A., Dipl., Inhaberin der Agentur Berndsen Communications, Pressesprecherin des Hospiz am Israelitischen Krankenhaus

Unter anderem Studium der Philosophie mit Schwerpunkt Ethik an der Universität zu Leipzig, Abschluss an der Humboldt-Universität, Berlin. Seit 2012 für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Hospiz am Israelitischen Krankenhaus verantwortlich und der Einrichtung und ihren Menschen eng verbunden.